Die Wettervorhersage für den 30. Juni 2024 ließ nichts Gutes erwarten: Dauerregen und zusätzlich teils kräftige Schauer sollte es geben. Und genauso nass wie vorhergesagt wurde es auch. Doch davon ließen sich rund 30 Architekturinteressierte nicht schrecken. Sie kamen am Sonntagnachmittag zu den drei Führungen, die Mitarbeiter der Klosterkammer-Abteilung Bau- und Kunstpflege an der Kirche St. Alexandri anboten. Ihr Motto lautete offenbar: Bauhelme schützen auch vor Regen und der Schirm muss mit aufs Gerüst.
Entsprechend ausgestattet ließen sie sich von Tim Wameling, dem zuständigen Baudezernenten, und Mathias Riethmüller, dem Bauleiter des Projektes, auf ein Baugerüst in knapp 20 Metern Höhe vor dem südlichen Kirchendach führen. Dort bekamen sie Informationen zum Konzept der Dachdeckung, zu den Bauarbeiten sowie zu bauhistorischen Zusammenhängen. Denn: Das Dach ist eine der architektonischen Besonderheiten der Münsterkirche aus dem 13. Jahrhundert, einer der größten gotischen Hallenkirchen Norddeutschlands.
Ursprünglich war das Kirchendach mit Sandsteinen aus dem nahe gelegenen Höhenzug Solling gedeckt. In den 1970er-Jahren wurden diese durch industriell gefertigte Betondachsteine ersetzt. Nur gut 40 Jahre später war klar, dass das Dach wieder erneuert werden müsste. Die damals verwendeten Betondachplatten werden heutzutage nicht mehr hergestellt und der Rohstoff Sollingsandstein ist rar geworden. Darum ließ die Klosterkammer Hannover als Eigentümerin der Kirche mit Spezialfirmen aus Österreich und dem Sauerland eigens neue Dachplatten und eine sturmsichere Befestigung entwickeln. „Es ging in erster Linie darum, einen Dachstein zu (er-)finden, der konstruktiv und geometrisch mit dem Betondachstein der 1970er-Jahre kompatibel ist, der aber gleichzeitig dem historischen Aussehen der Kirche nahekommt“, erläutert Tim Wameling.
Die neuen Platten bestehen ebenfalls aus Beton, greifen aber die für ein historisches Sollingsandsteindach typische rötliche Farbgebung und Textur auf und sollen deutlich länger halten als die zuvor verwendete Variante. Ein örtlicher Dachdeckerbetrieb erprobte die Platten und deckte das südliche Kirchendach im Sommer 2023 damit ein.
Zu den kostenlosen Führungen kamen etliche Interessierte aus der Nachbarschaft der Kirche. Darunter auch Menschen, die das ursprüngliche Sollingsandstein-Dach von vor über 50 Jahren noch kannten. „Sie haben allesamt gesagt, dass sie das neue Dach sehr gerne mögen. Darüber haben wir uns natürlich gefreut“, schildert Tim Wameling. (dr)
Quelle: Website Klosterkammer
Foto: Tim Warmeling, Klosterkammer